Die düsteren finanzpolitischen Prognosen haben den Regierungsrat veranlasst, eine umfassende Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP 2014) einzuleiten. In der ersten Phase der ASP 2014 hat BAK Basel Economics AG (BAKBASEL), das unabhängige Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut, die Finanzsituation und das Dienstleistungsangebot des Kantons Bern untersucht. Die in diesem Rahmen erhobenen Daten schaffen eine Grundlage, um in einem nächsten Schritt die finanziell bedeutenden Ausgaben des Kantons mit anderen Kantonen zu vergleichen. Bei seiner Datenanalyse konzentrierte sich BAKBASEL auf den Zeitraum der Jahre 2004 bis 2016.
Ungleichgewicht im staatlichen Haushalt ab 2012
Der umfassende BAK-Review kommt zum Schluss, dass der Kanton Bern in den kommenden Jahren in der Tat auf ein strukturelles Defizit zusteuert. Der Review legt dabei dar, dass das Problem der Berner Staatsfinanzen zum einen beim Einnahmenpotenzial des Kantons liegt. Eine erste Benchmark zeigt, dass die Wirtschaftskraft des Kantons Bern mit 77 Prozent unter dem Schweizer Mittelwert liegt. Der Nationale Finanzausgleich erhöht zwar die Finanzkraft des Kantons Bern dem gesetzlichen Ziel entsprechend auf rund 85 Prozent des schweizerischen Mittelwerts. Doch gleichzeitig liegt das Dienstleistungsangebot des Kantons Bern etwa im schweizerischen Durchschnitt. Die unter den Mittelwerten liegende Wirtschafts- und Finanzkraft und die im interkantonalen Vergleich durchschnittlichen Aufwendungen zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben und Leistungen erfordert ein überdurchschnittlich hohes Ausschöpfen des Steuerpotenzials auf einem Niveau von 124 Prozent im Vergleich zum schweizerischen Durchschnitt. Dies widerspiegelt sich in den vergleichsweise hohen Steuersätzen. Trotz des hohen Steuerniveaus kann der Kanton Bern als Arbeitgeber heute seinen Angestellten und den Lehrkräften im Quervergleich nur unterdurchschnittliche Löhne zahlen. Weil die Ausgaben stärker steigen als die Einnahmen, sieht sich der Kanton Bern für die kommenden Jahre mit einem strukturellen Defizit in der Grössenordnung von mehreren Hundert Millionen Franken konfrontiert. Bei der Schuldensituation des Kantons sieht BAKBASEL zurzeit kein Problem.
Kantonale Aufgaben mit jenen anderer Kantone vergleichen
Professor Urs Müller, Präsident des Verbands Schweizer Kantonalbanken und Präsident des wissenschaftlichen Beirats von BAKBASEL, hat die Resultate des Reviews in seiner Funktion als Projektleiter ASP 2014 mit dem Regierungsrat besprochen und auch der Finanzkommission des Grossen Rates zur Kenntnis gebracht. Der Regierungsrat hat den Projektleiter am 5. Dezember 2012 beauftragt, die zweite Projektphase zu starten. Vorläufiges finanzpolitisches Ziel des Regierungsrats im Projekt ASP 2014 ist es, möglichst rasch einen nachhaltig ausgeglichenen Finanzhaushalt zu erreichen.
Auftrag des Regierungsrats an die Projektleitung
Die Projektphase 2 der ASP 2014 dauert bis Ende Februar 2013 und umfasst folgenden Auftrag des Regierungsrats:
- Systematischer Vergleich sämtlicher Aufgaben des Kantons mit dem Angebotsniveau anderer Kantone (vertiefte Benchmark).
- Herleitung möglicher Handlungsfelder in Bezug auf einen allfälligen Leistungs- und Kostenabbau.
- Untersuchung der Abschreibungspraxis des Kantons (Methode, Sätze).
- Prüfung von Massnahmen auf der Einnahmenseite.
Ziel der umfassenden Analyse des gesamtstaatlichen Angebots und der Strukturen ist es herauszufinden, wo weitere Effizienzgewinne und Einsparungen möglich sind. Mit der ASP 2014 wird der Regierungsrat dem Grossen Rat aufzeigen, wo der Kanton Bern im Vergleich zu anderen Kantonen mit seinen Leistungen steht. Die in der zweiten Phase vertiefte Benchmark dient den politischen Organen bei ihren Entscheiden, wo das staatliche Angebot und allenfalls auch die Einnahmen anzupassen sind, um das strukturelle Defizit zu beheben.
Projektphase 3 startet im Frühjahr
Gestützt auf die Ergebnisse der Projektphase 2 wird der Regierungsrat die Direktionen im Frühjahr in einer dritten Projektphase beauftragen, in den identifizierten Aufgabenbereichen konkrete Möglichkeiten für Angebots- und Strukturveränderungen aufzuzeigen und zu quantifizieren. Dieser Auftrag umfasst auch die Definition möglicher Optionen in den Bereichen Einnahmen und bei den Abschreibungen. Anschliessend wird die Regierung im engen Dialog mit der Finanzkommission des Grossen Rats das künftige Leistungsangebot des Kantons beraten.